Alljährlich vergibt der Deutsch-Französische Kreis Düsseldorf e.V. den Romanistikpreis an Absolvent:innen, die eine hervorragende Arbeit zu einem Thema der Frankoromanistik verfasst haben. Im Jahr 2024 wurde Lena Sofie Riebl mit diesem Preis ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am 09.10.2024 unter der Schirmherrschaft des Französischen Generalkonsuls, Dr. Etienne Sur, im Institut français Düsseldorf statt. Ariane Bommers, Präsidentin des Deutsch-Französischen Kreises, übergab den Preis an die Ausgezeichnete. Den kurzen Vortrag der Prämierten moderierte Prof. Dr. Bernd Kortländer, Germanist und Vorstandsmitglied des DFK.
Lena Sofie Riebl wurde prämiert für eine Masterarbeit im Studiengang Literaturübersetzen, der an der Heinrich-Heine-Universität fachübergreifend von den Fächern Anglistik, Romanistik und Germanistik angeboten wird. Betreut wurde die Arbeit von Prof. Dr. Vera Elisabeth Gerling. Unter dem Titel „Sprachgefühl beim Literaturübersetzen – Mythos oder wichtiges Werkzeug?“ untersucht Frau Riebl zunächst, wie der Begriff „Sprachgefühl“ vor allem in der linguistischen Forschung unterschiedliche Konturen angenommen hat. Während man früher davon ausging, Sprachgefühl sei ein angeborenes Talent, sieht man es heutzutage als eine Fähigkeit an, die im Laufe des Lebens erworben wird und sich stets weiterentwickelt. Das Sprachgefühl sei eine Art Detektor sprachlicher Besonderheiten und Irritationen, der nicht nur beim Lesen literarischer Texte, sondern bei jeder Art der Sprachverwendung, größtenteils eher unbewusst, mitlaufe.
Im zweiten Teil ihrer Arbeit stellt Frau Riebl die Ergebnisse einer experimentellen Studie vor, bei der professionelle Übersetzer:innen anhand von sogenannten „Think-Aloud-Protokollen“ den Prozess des Lesens und Übersetzens in seiner intellektuellen Komplexität nachvollziehbar machen. Alle fünf Übersetzer:innen hatten den gleichen Textauszug erhalten: 160 Wörter aus dem autofiktionalen Versromans À la ligne. Feuillets d’usine von Joseph Ponthus (La Table Ronde, 2019). Ihre Gedankenschritte beim erstmaligen Lesen und die verschiedenen Gedanken und Tätigkeiten beim Übersetzen (u.a. Wörter nachschlagen, Intertexte erkennen, Versmaß prüfen, Klang erkunden und äquivalente Formulierungen im Deutschen finden) werden so durch die explizit formulierten Äußerungen nachvollziehbar.
In der abschließenden Diskussion mit dem Publikum wurde deutlich, dass es gerade in Zeiten von KI besonders wichtig ist, sich mit der Komplexität von menschlichen Übersetzungsprozessen zu befassen, insbesondere beim kreativen Umgang mit Sprache.